Biendorf verfügte über drei Gotteshäuser. Zunächst ist die alte Kirche zu nennen, welche um 1295 als Kapelle des Klosters zu Nienburg
von dessen Abt Konrad von Sprone gestiftet worden ist. Hier versammelte sich eine Gemeinde reformierten Bekenntnisses. Daneben existierte im Schloss Biendorf
eine Kapelle, welche Fürst Carl Georg Leberecht von Anhalt bei der Rekostruktion des Schlosses einrichten ließ. 1789 wurde diese Kapelle eingeweiht und
diente zunächst nur der Gemeinde lutherischen Bekenntnisses als Gottesdienststätte. Bis 1845 hatte Biendorf also zwei Kirchen. Weil 1845 die "reformierte Kirche" in Teilen abgetragen wurde,
konnte dann auch die reformierte Gemeinde die Schlosskapelle für ihre
Gottesdienste nutzen. Die drei Glocken verblieben auf Vorschlag von Pfarrer Albert im "alten Turm", dessen Uhr auch weitherin laufen sollte.
Im Jahr 1919 wurde die Kapelle im Schloss durch ein Feuer vollständig zerstört. Die Gottesdienste fanden, bis zum Bau der neuen Kirche, in einem Schulraum statt.
Die alte Kirche
Die genaue Bauzeit der Kirche ist nicht mehr ermittelbar. Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes fällt in das Jahr 974. Sie ist aber nicht gleichzusetzen mit
dem Datum des Baubeginns der Kirche.
In sehr vielen Kirchen ist die architektonische Staffelung folgende: Chorraum im Osten, Schiff in der Mitte und Turm im Westen. Die alte Kirche in Biendorf
wich aber von dieser Ausrichtung ab. Zum einen stand der Turm östlich des Kirchenschiffes, zum anderen gab es an der Südseite einen sehr alten absidenartigen Anbau, welcher schließlich
als Begräbnisstätte der Familie von Hagen diente. Die Reichsgräfin Eleonore Sophie Friederike von Hagen, geb. v. Wartensleben, war eine der früheren Besitzerinnen des Ortes.
Sie verstarb am 04.09.1757 und wurde in dem alten Gewölbe bestattet. Die Bauzeit der Kirche könnte, mit Blick auf vergleichbare Bauten, vor das 11. Jh. angesetzt werden.
Von der alten Kirche zeugt heute noch der erhalten gebliebene "alte Turm". Am 11.September 2011 zerstörte ein Tornado fast alle Dächer des Ortes. Auch das Dach des alten Turmes wurde schwer
beschädigt. Der Heimatverein übernahm die Sanierung, welche ohne die große Spendenbereitschaft der Biendorfer Bevölkerung nicht möglich gewesen wäre.
Im Jahr 2015 konnten die Arbeiten vorläufig abgeschlossen werden. Weitere Erhaltungsmaßnahmen wurden und werden ausgeführt.
Der "alteTurm" dient dem Heimatverein heute als Ausstellungs- sowie Veranstaltungsraum.
Die neue Kirche
Neun Jahre nach dem Abbrennen der Schlosskapelle wurde am 15. April 1928 der Grundstein für die neue Biendorfer Kirche gelegt. Bereits am 25. Juli war Richtfest und am 07. Oktober wurde die Kirche feierlich geweiht. Die Mittel zum Bau der neuen Kirche wurden teils durch einen Zuschuss der Landeskirchenkasse, teils durch Spenden, Sammlungen und Kollekten aufgebracht. In vielen Berichten ist von der großen Spendenbereitschaft der Biendorfer Bevölkerung zu lesen, welche den Kirchbau erst ermöglichte. Im Juli 1928 wurde ein goldener Hahn auf die Turmspitze gesetzt - er war hergestellt worden vom Klempnermeister Dietrich aus Biendorf. Die farbigen Fenster des Gebäudes wurden von der Quedlinburger Glasmanufaktur Ferd. Müller gefertigt. Sie wurden alle mit Stiftungsgeldern der Familien Zscheye (Inhaber der Zuckerfabrik Biendorf) Braune (Dömänenpächter) Hubert und Fam.Türcke (Aktionär der Zuckerwerke) finanziert.
Der Innenraum der Kirche ist rechteckig mit einer nach unten geschlossenen Orgelempore über der Eingangsseite. Die Öffnung zum angebauten Altarraum ist durch einen 3-stufigen
Blendmauerrahmen gefasst und um eine breite Naturstein- Trittstufe erhöht. Das Altarfenster zeigt ein Osterdarstellung. Christus, im Strahlenkranz, die Fahne des Kreuzes tragend, schreitet voran,
weg vom Grab, während die Wache, hier dargestellt durch einen Soldaten in rotem Gewand mit Spieß, am Boden liegt. Zugleich erreicht auch ihn einer der von Christus ausgehenden Strahlenstränge
und erhellen ihn partiell. Die Besonderheit des Fensters ist in seiner Beschaffenheit begründet. Während in sehr vielen Kirchen die Fenster speziell für ihren Zweck entworfen worden sind, wurde in der
Biendorfer Kirche ein zeitübliches viersegmentiges Rahmenfenster mit glasteilenden Sprossen verwendet.
Der Fußboden wurde im Altrarraum und im Kirchenraum mit gebrannten Natursteinen unterschiedlicher Farbe in einem Muster verlegt.
Die Beleuchtung des Kirchenraumes erfolgt über Kugelpendelleuchten mit aufliegendem Reflektor.
An der Südseite ist das Kirchenfenster mit dem Namen der im I. Weltkrieg gefallenen Biendorfer Männer in ein 6-teilig segmentiertes Sprossenfenster
eingearbeitet.
Die Emporenbrüstung ist schlicht und bis auf ein Spruchbanner, schmucklos. Die Empore wird durch 2 Dachfenster erhellt.
Unter der Orgelempore ist ein geräumige Raum entstanden, welcher als Mehrzweckraum genutzt wird. Durch eine große 2- flüglige Sprossentür mit Klarglasverglasung kann dieser Raum von dem Kirchenraum abgetrennt werden,
gleiches auch in Richtung Eingang zum Vorraum hin.
In der Ausstellungsvitrine im Vorraum (unterster Turmraum) befindet sich eine Ausstellung alter Kirchenücher und eine kleinen Glocke.